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8. September 2020 | Berichte

Mein Jahr in Volkenroda

In den letzten Wochen war gegenüber uns Freiwilligen öfter zu hören: „Das tut uns ja so leid, was ihr jetzt alles verpasst habt…“ In der Tat hätte es ohne die Corona-Pandemie sicherlich mehr und größere Event-Highlights gegeben, aber da mir persönlich der direkte Vergleich fehlt und wir als Freiwillige diese Zeit dann selber gestaltet haben, ist sie mir nicht als großer Einschnitt in Erinnerung. Genug von Corona – davon hatte jetzt jeder seit März genug:
Wie war das denn nun, mein Jahr im Kloster Volkenroda?

Nun denn, liebe Leserin, lieber Leser, ich möchte versuchen, Ihnen ein Einblick zu geben mittels weniger Beispiele in drei Aspekten; zwischen Bereicherung und Herausforderung, Lernprozess und Genuss.

Eine grundsätzlich gute und erstaunliche Sache an einem Freiwilligendienst im Kloster Volkenroda ist das Zusammenleben mit anderen Freiwilligen, bzw. – nicht zu knapp – das Klären und Organisieren des Zusammenlebens in einer Wohngemeinschaft. Denn bei anfänglich acht unterschiedlichen Gemütern und Hintergründen bunt zusammengewürfelter junger Leute kommt da so einiges an Klärungsbedarf hoch… Eine erste Erkenntnis: Menschen sind (sehr) verschieden, ich offenbar auch. Und: Das gemeinsame Meistern von Herausforderungen schweißt bis eben ziemlich unbekannte Menschen recht schnell zusammen.
Das ging schon in den ersten Tagen hier los. Nachdem die anfängliche Aufregung verklungen war, galt es, sich in einer Wohngemeinschaft einzuleben, die in zumindest fraglichem Zustand hinterlassen wurde.

Als zur Mitte des Jahres ein Umzug der Freiwilligen anstand, wurde in sehr viel Eigenverantwortlichkeit ein (größeres) Projekt zur verbindenden Arbeitsmaßnahme.
Ich habe für mich persönlich Volkenroda auch als großes, offenes Ausprobierfeld erlebt. Natürlich hat das Kloster seine ganz eigenen Traditionen, Umgangsformen und ungeschriebenen Gesetze, (in die sich hineinzufinden schon Abenteuer genug ist), aber mit ein bisschen Mut erlebte ich schnell eine „bodenständige Offenheit“: Sich mit dem, was man mitbringt, einzubringen und auch mal etwas zu wagen, was erst einmal nicht funktioniert, das ist hier gut möglich!

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Ich habe das an erster Stelle im Mitgestalten des geistlichen Lebens hier erfahren. Sei es musikalisch, im praktischen Dienst oder auch inhaltlich, es war stets ein teils experimentelles, rückmeldereiches, oft lehrreiches Erlebnis. Darüber ergaben sich spannende, interessante und auf jeden Fall mit Anekdoten für ein Leben bereichernde Begegnungen mit dem ganz bunten Klostergäste-Spektrum. Vom weisen Greisen, der eine kleine, aber bedeutende theologische Ungereimtheit aufzuweisen hat, über die Physiotherapeutin, der es wichtig war, mich auf meine schlechte Haltung hinzuweisen, bis zu dem kleinen Mädchen, das mir breit und ausführlich erzählt, wie lange es selber auch schon Geige spielt, und vielen Menschen, die einfach nur kurz Danke sagen – an Menschen und ihren Geschichten gibt es hier viel zu erleben.

Zweitens sei natürlich auch die Arbeit genannt (und auch die Freizeit), in der ich einen weiten Gestaltungsraum betrat. Mit gefühlt zwei halben Tagen Vorbereitung eine Kinderfreizeit schmeißen, als Chor-Laie einen Chor leiten, sich in den Zuständigkeiten und Menschlichkeiten eines Kloster-Betriebes in der Rolle als Bufdi zurechtzufinden, […]: Das wurde mir zur anfänglich überfordernd wirkenden Herausforderung, an der ich wachsen durfte.

Und natürlich ist drittens die Kloster-Gemeinschaft selbst ein einziges, großes Mit- und Erleben. Seien es die zur geliebten Gewohnheit gewordenen Sonntagsbegrüßungen, Geburtstags-, Feierabendbier- oder Weihnachtsfeiern. Es ist wichtig und bereichernd, wie viele Gäste den Ort prägen, doch in der Corona-Krisenzeit wurde für mich noch einmal deutlich: Die interne Kloster-Gemeinschaft hat schon eine ganz eigene Dynamik!

Für mich heißt es jetzt vorerst Abschied nehmen. Zumindest vom Jahr Freiwilligendienst im Kloster Volkenroda. Endgültig von diesem Ort und diesen Leuten Abschied zu nehmen, das wird wohl nicht so schnell passieren.
Ein Jahr im Kloster Volkenroda ist durchaus eine empfehlenswerte Sache. Ich empfehle es: Viele Erlebnisse, Erfahrungen, viel Begegnung. Wenn Du ein bisschen Bereitschaft mitbringst, Dich auf die Kloster-Belange eines kleinen, weit geöffneten Paradieses einzulassen, komm doch her! Denn „Begegnung belebt“.

Autor: Michel Schiffner, BFD 2019/2020